Sachsen: AfD kontrolliert weiter Verfassungsschutz mit – Politik


Die sächsische AfD ist nach Ansicht des Verfassungsschutzes gesichert rechtsextremistisch und eine Gefahr für die Demokratie – dennoch ist einer ihrer Vertreter am Mittwoch mit großer Mehrheit in das Gremium zur Verfassungsschutzkontrolle gewählt worden. Der AfD-Landtagsabgeordnete und Bundesschatzmeister Carsten Hütter wurde mit Stimmen von AfD und CDU in die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) gewählt, die das Landesamt für Verfassungsschutz genauso kontrollieren soll wie die Aufsicht der Staatsregierung über die Verfassungsschützer. SPD, Linke und Grüne stimmten gegen Hütter.

Das Gremium tagt geheim, seine Mitglieder sind zum Stillschweigen verpflichtet. Zwei der fünf Mitglieder müssen aus der Opposition kommen. Hütter gehörte der PKK bereits in der vorangegangenen Legislatur an – damals war die AfD vom Verfassungsschutz allerdings noch nicht als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden. Die AfD attackiert den Verfassungsschutz regelmäßig und wirft ihm Parteilichkeit vor. Auch am Mittwoch erklärte sie, der Verfassungsschutz agiere in letzter Zeit wie ein Regierungsschutz. Dessen Kontrolle nehme man gern wahr.

Zugang zu hochsensiblen Informationen

In Sachsens CDU, die bei der Landtagswahl im September nur knapp vor der AfD gelandet war und gemeinsam mit der SPD eine Minderheitsregierung bildet, sieht man die Wahl des AfD-Mannes gelassen. Man müsse den Wählerwillen respektieren, das Parlament sei ein Spiegelbild des Wahlergebnisses, hieß es dazu.

Der Koalitionspartner SPD sieht dies anders. „Eine rechtsextreme Partei kann nicht mit den Stimmen der Sozialdemokratie rechnen. Das trifft insbesondere für die PKK zu“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Laura Stellbrink, der Süddeutschen Zeitung. Auch wenn die Koalitionspartner zu dieser Wahl unterschiedliche Auffassungen gehabt hätten, sei klar, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD gebe. Um im Plenum Mehrheiten zu gewährleisten, arbeite man ausschließlich mit den demokratischen Fraktionen zusammen. Der Minderheitsregierung von CDU und SPD fehlen zehn Stimmen zur Mehrheit im Landtag.

Scharfe Kritik kam von den Grünen. Fraktionschefin Franziska Schubert sagte der SZ, das Verhalten der CDU sei unverantwortlich. Ein Vertreter einer Partei, „die unsere freiheitlich demokratische Grundordnung durch ihre Worte und Taten angreift und schädigt, bekommt nun auch noch Zugang zu hochsensiblen Informationen. Ich bin sicher, das werden sie nutzen, und das macht mir Sorgen“. Seit Jahren fordere die CDU mehr Personal und Befugnisse für den Verfassungsschutz, durch die Wahl eines AfD-Vertreters ins Kontrollgremium sorge sie selbst für die größte Sicherheitslücke.

Der Verfassungsschutz sieht „Wurzeln im historischen Nationalsozialismus“

In seiner Einschätzung zur AfD kam das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz im Herbst 2023 zu dem Schluss, zahlreiche inhaltliche Positionen des Landesverbandes verstießen gegen die Grundprinzipien der freiheitlich demokratischen Grundordnung. So verfolge die AfD eine Politik des Ethnopluralismus, mit der Migranten und ethnische Minderheiten als Menschen zweiter Klasse pauschal verächtlich gemacht würden. „Eine derart rassistische Ausprägung des Volksbegriffs, wie ihn die AfD Sachsen öffentlich vertritt, hat seine Wurzeln im historischen Nationalsozialismus“, sagte Verfassungsschutzchef Dirk-Martin Christian damals.

Wozu dies im schlimmsten Fall führen könnte, wurde im vergangenen Herbst öffentlich, als die Bundesanwaltschaft eine Reihe von mutmaßlichen Mitgliedern der rechtsextremen Vereinigung „Sächsische Separatisten“ festnehmen ließ. Drei Beschuldigte sind AfD-Mitglieder, einer arbeitete für einen AfD-Landtagsabgeordneten. Die Gruppe soll unter anderem geplant haben, an einem „Tag X“ ein am Nationalsozialismus ausgerichtetes Gemeinwesen zu etablieren und „unerwünschte Menschengruppen“ notfalls „durch ethnische Säuberungen“ zu entfernen. Die AfD kündigte einen Ausschluss ihrer betroffenen Mitglieder an.

In Thüringen und Sachsen-Anhalt, wo die AfD ebenfalls als gesichert rechtsextremistisch eingestuft ist, scheiterten AfD-Kandidaten bislang an der Wahl in das Aufsichtsgremium zur Geheimdienstkontrolle.



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Author: admin

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