Landtagswahl: Ist die Grundmandatsklausel in Sachsen verfassungswidrig?


Rennert: Linke wird vor allem in Großstädten gewählt

Die Linke ist nach den Wahlen nur dank ihr in den Landtag eingezogen. Ihre Direktmandate hat sie in Leipzig gewonnen. Und genau hier sieht der ehemalige Richter Klaus Rennert die erste Ungleichbehandlung: Die Linke sei nur in Großstädten sehr beliebt. Andere Parteien, deren Klientel sich gleichmäßiger auf Stadt und Land verteilt, hätten es deutlich schwerer, ein Direktmandat zu gewinnen.

Der Linke Stefan Hartmann argumentiert andersherum: „Wenn eine Partei die Bedeutung erreicht hat, in einer oder mehreren Regionen bei so vielen Menschen von Bedeutung zu sein, dass sie ein Direktmandat holt, dann dürfen sie nicht durch die Fünf-Prozent-Hürde von der Meinungsbildung ausgeschlossen sein.“ Deshalb auch die Klausel.

Grundmandatsklausel hat auf Bundesebene Bestand

In Bezug auf die Grundmandatsklausel hat das Bundesverfassungsgericht im Sommer ein Urteil gesprochen – die Wahlrechtsreform des Bundes betreffend. Das Gericht ist zu dem Schluss gekommen, dass die Grundmandatsklausel im Bund nicht abgeschafft werden darf, da die regionale CSU als Schwesterpartei der CDU dann kaum mehr Chancen hätte, über die Fünf-Prozent-Hürde zu kommen.

Joachim Behnke war Mitglied der Wahlrechtskommission im Bundestag. Der Politikwissenschaftler von der Zeppelin-Universität Friedrichshafen sagt mit Blick auf Sachsen: „Ich glaube nicht, dass das Verfassungsgericht in Sachsen die Grundmandatsklausel für verfassungswidrig erklären würde.“ Sie sei geltendes Wahlrecht.

Politikwissenschaftler hält Abschaffung in Sachsen für möglich

Sinnvoll findet Behnke die Grundmandatsklausel trotzdem nicht. Auch er sieht die Stadt-Land-Problematik und ein Einfallstor für Manipulation – nämlich dann, wenn Parteien sich zusammentun und gezielt für das Splitten von Erst- und Zweitstimmen werben, damit eine bestimmte Konstellation im Parlament zustande kommt.

Er fände eine Abschaffung durch den Gesetzgeber deshalb gut und glaubt, dass das in Sachsen, wo es keine CSU-Besonderheit gibt, möglich wäre: „Die Abschaffung der Grundmandatsklausel jetzt nur für Sachsen wäre sicherlich völlig unproblematisch.“

Stefan Hartmann von den Linken fände das nur unter einer zweiten Bedingung vertretbar: „Wenn der sagen würde, lasst uns doch die Fünf-Prozent-Hürde wegnehmen und die Grundmandatsklausel, dann ist das doch eine Lösung, mit der alle leben.“ Trotzdem findet er, dass es im neuen sächsischen Landtag erstmal viel wichtigere Themen als eine Wahlrechtsänderung gibt.



Originalbeitrag ansehen

Author: admin

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert