Erst durch eine Recherche der Sächsischen Zeitung wurde breiter bekannt: Der bis heute in Dresden hochgeehrte „Feuerzangenbowle“-Star Erich Ponto hat bei vielen NS-Propagandafilmen mitgewirkt, auch im antisemitischen Hetzfilm „Die Rothschilds“.
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Warum blieb das so lange unterm Tisch? Beim Podcast-Festival „Leipzig lauscht“ ist darüber in einer Live-Ausgabe von „Debatte in Sachsen” diskutiert worden. Die Gäste sind der Intendant des Staatsschauspiels Dresden, Joachim Klement, und der Leipziger Historiker Andreas Kötzing vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung.
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Klement stellt in der Diskussion heraus: Auch „weil Ponto so lange unangefochten als große Persönlichkeit in Dresden und darüber hinaus wahrgenommen wurde“, sei der Fall mutmaßlich so lange Zeit nicht publik geworden. Schon 1990 sei Ponto zum Ehrenmitglied des Staatsschauspiels ernannt worden.
Dem schließt sich der Historiker Andreas Kötzing vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung an. „Nachdem Erich Ponto 1957 gestorben war, wurde er sogar in der DDR in Nachrufen gewürdigt“, so der Historiker. „Es hieß, er habe eine integre Haltung gegen den Nationalsozialismus eingenommen und sich nicht korrumpieren lassen. Das wirkt lange nach.“ Diese Würdigung sei ziemlich verwunderlich, „weil man ansonsten der DDR sich eigentlich nicht davor gescheut hat, mit dem Finger auf die Altnazis in der Bundesrepublik zu zeigen“.

Filmhistoriker Andreas Kötzing (l.n.r.) diskutiert im Podcast „Debatte in Sachsen“ mit dem Intendanten des Dresdner Staatsschauspiels Joachim Klement. Oliver Reinhard moderiert das Live-Panel beim Festival „Leipzig lauscht“.
Quelle: Fabian Deicke
Bei Erich Ponto kommt hinzu, dass er eine sehr ambivalente Person war. „Wir wissen bislang nichts darüber, wie er persönlich zum Nationalsozialismus stand“, sagt Andreas Kötzing. Auch das soll nun erforscht werden: Das Staatsschauspiel hat einen Historiker vom Archiv der sächsischen Staatstheater damit beauftragt, Erich Pontos Vergangenheit aufzuarbeiten. Auch Kötzing soll sich für das Hannah-Arendt-Institut daran beteiligen.
Das Staatsschauspiel hat bereits unmittelbar nach der Recherche auch auf andere Weise reagiert. „Wir haben sowohl die Ponto-Büste im Theater als auch sein Porträt in der sogenannten Ahnengalerie des Hauses mit entsprechenden Hinweisen versehen, so dass man als Besucher über die jüngsten Erkenntnisse informiert ist“, so Joachim Klement.
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„Erich Ponto ist kein Ausnahmefall“
Und die Kommission der Stadt, die für die Dresdner Ehrengräber zuständig ist, hat nun auch die Ruhestätte von Erich Ponto im Auge. Sie steht inzwischen zusammen mit denen weiterer Persönlichkeiten auf der Liste jener Ehrengräber, denen dieser Status wohl aberkannt werden wird.
„Wenn wir uns ganz vorbehaltlos damit beschäftigen, wie nach 1945 in Ost- und Westdeutschland mit den NS-Vergangenheiten von Künstlerpersönlichkeiten umgegangen wurde, müssen wir feststellen: Erich Ponto ist kein Ausnahmefall“, sagt Andreas Kötzing. „Vielmehr ist er die absolute Regel. Was in seinem Fall geschehen beziehungsweise nicht geschehen ist, war Standard.“
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SZ