Was aber durch die Bundesanwaltschaft noch mal sichtbar geworden ist, ist die enge Verbindung, die diese Neo-NS-Gruppierungen zur AfD haben. Auch diese Netzwerke sind uns schon lange bekannt. Die AfD hat unter ihrem Personal zahlreiche Vertreter, die aus der Neonaziszene kommen, selbst unter Vorstandsmitgliedern auf kommunaler und Kreisebene und bei den Bezirksverordnetenversammlungen, sowie den Stadträten.
Wer ist Oliver Decker?
Oliver Decker ist Direktor des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts für Demokratieforschung (EFBI) sowie des Kompetenzzentrums für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung an der Universität Leipzig. Seit Jahren beobachtet und berichtet er von rechtsextremen Bestrebungen im Freistaat, die er unter anderem in der Leipziger Autoritarismus Studie und den EFBI-Veröffentlichungen dokumentiert.
Man kann deshalb sagen, der AfD ist gelungen, was die NPD strategisch angestrebt hat: sie konnte die Brücke zwischen der Straße und dem Wohnzimmer bauen, zwischen den völkisch-nationalsozialistischen, gewaltbereiten Gruppierungen und dem bürgerlich-nationalistischen Milieu. Gemeinsam waren beiden die politischen Orientierungen, aber die Form des Auftretens, die Alltagskultur unterscheidet sich. Die AfD ist heute im Grunde genommen ein Kristallisationspunkt der antidemokratischen Bewegungen in Sachsen und die Verbindungen bestehen auch in den Westen.
Ist Ihnen die Gruppe „Sächsische Separatisten“ bekannt?
Oliver Decker: Der Name der Gruppe war mir noch nicht bekannt. Allerdings kann man der bisherigen Berichterstattung einige konkrete Personennamen entnehmen und mit diesen eröffnet sich ein bekannter Kosmos. Wir haben es hier mit Menschen zu tun, wie gesagt, die auch AfD-Funktionsträger sind und gleichzeitig eine sehr hohe Nähe haben oder Mitglieder sind von neonazistischen Organisationen. Ein Name, der ja genannt wurde, ist der eines Grimmaischen Stadtrats, der auch Mitglied im AfD-Kreisvorstand ist. Seine politischen Aktivitäten zeigen, dass er in der Vergangenheit wenig Berührungsängste zur Neo-NS-Szene hatte.
So liegen Berichterstattungen vor über ein Sonnenwendfeuer in diesem Jahr, bei denen SS-Offiziere ein ehrendes Andenken bekommen haben sollen. Durch solche Feste wird versucht, die Jugend zu mobilisieren. Wir können an vergleichbaren Biografien sehen, wie eng das Netzwerk ist. Wir müssen damit rechnen, dass in den Ermittlungen auch andere Namen mit einer AfD-Nähe auftauchen.
Wegen der Netzwerkbildung wurde Sachsen auch für Neo-Nazis aus anderen Bundesländern attraktiv. Ziehen wir die bisherige Berichterstattung mit ein, dann zeigen die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft diese enge Verbindung ebenfalls an. So wurden Ermittlungen aufgenommen gegen ein Brüderpaar, dessen Vater bereits verurteilter Rechtsterrorist in Österreich ist. Er hatte nach seiner Haftentlassung in Leipzig seinen neuen Wohnort gewählt. Durch diese Personalie eröffnet sich ein weiterer Kosmos der neonazistischen Szene, diesmal hin zu Legida und Unternehmensnetzwerken.