Andere MDRfragt-Mitglieder, wie etwa Steve aus dem Landkreis Gotha, meinen, es wird zumindest relativ schnell klar sein, ob bestimmte Bündnisse zustande kommen können: „Es wird sich relativ zügig herauskristallisieren, ob es eine Möglichkeit mit CDU, BSW und SPD in Thüringen gibt“, meint der 43-Jährige. „Denn wenn das BSW an allen Forderungen festhält, wird es keine Koalition geben.“
Und Luise (34) aus dem Eichsfeld meint, Thüringen habe keine Zeit, lange auf eine neue Regierung zu warten: „Die alte Regierung ist abgewählt. Es braucht Bewegung in den wichtigen Themen des Landes.“ Als Beispiele nennt sie unter anderem die Schulpolitik oder die Entbürokratisierung der Verwaltung.
Was gegen eine schnelle neue Thüringer Regierung spricht
„Es wird sich ziehen wie Kaugummi“, ist MDRfragt-Mitglied Tom (37) aus Erfurt mit Blick auf die Suche nach einer neuen Koalition überzeugt. „Mit der AfD kann und sollte keine Regierung gebildet werden und das BSW wird unrealistische Forderungen stellen, welche logischerweise nicht umsetzbar sind, um die Unfähigkeit der anderen Parteien propagieren zu können.“
Michael (53) aus dem Kyffhäuserkreis meint: „Vorrangig geht es hier wieder nur um die Parteien und nicht um die Thüringer. Hier wird die Brandmauer hoch und höher gebaut. Dadurch wird jedem die Möglichkeit genommen, aufeinander zuzugehen.“
Und Jürgen (66) aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt meint, es gäbe einfach viele Unwägbarkeiten: „Ob die Aussage ‚keine Zusammenarbeit mit der AfD‘ Bestand hat, wird sich zeigen. Was die Blackbox BSW anstellen wird, ist eine weitere spannende Frage, zumal das Personal meist politisch völlig unerfahren ist.“
Landtags-Chefposten? – Mehrheit für bisherige Tradition
Bisher ist es gelebte Tradition und zum Teil auch in den Landtags-Statuten verbrieft: Wer bei der Landtagswahl als stärkste Kraft abschneidet, darf das Amt der Landtagspräsidentin oder des Landtagspräsidenten für sich beanspruchen.
Im MDRfragt-Meinungsbild fällt die Tendenz eher eindeutig aus: Eine Mehrheit der Befragten ist dafür, dass auch dieses Mal die Tradition gilt und die stärkste Fraktion den Landtagspräsidenten stellen darf.
Dabei fällt die Zustimmung in Sachsen, wo die CDU als stärkste Kraft ins Ziel kam, mit 73 Prozent deutlicher aus als in Thüringen mit 65 Prozent.
Wer dafür ist, dass die stärkste Kraft weiterhin ein Anrecht auf den Posten hat, argumentiert oft grundsätzlich, so wie Frank (78) aus dem Landkreis Zwickau „Wenn solche Regeln nach Bedarf geändert werden, was soll man dann noch von Demokratie halten?“
Und Nicole (49) aus dem thüringischen Saale-Holzland-Kreis meint: „Wenn die bisherigen Regelungen nicht gut genug waren, müssen sie grundsätzlich geändert werden, aber nicht nur, weil die AfD sonst den Präsidenten stellt und in vier Jahren ist wieder alles anders.“
Wer findet, der Landtagspräsident müsste nicht unbedingt von der größten Fraktion kommen, stellt oft auf die Arbeitsfähigkeit des Parlamentes ab, oder darauf, dass ein Landtagspräsident oder eine Landtagspräsidentin eine überparteiliche und respektable Persönlichkeit sein müsse.
Zu ihnen gehört Cornelius (29) aus Dresden, der schreibt: „Der Landtagspräsident soll die Arbeitsfähigkeit des Landtags sicherstellen, Tagesordnungen mitbestimmen und daher idealerweise aus der Regierung kommen und nicht die Opposition die Tagesordnung bestimmen zu lassen.“
Annett (51) aus Leipzig sieht es so: „Wir brauchen einen demokratisch denkenden, ehrlichen, präsenten Präsidenten, welcher die gesamte Bandbreite der Bevölkerung im Blick hat.“ Und für Sebastian (42) aus dem Ilm-Kreis in Thüringen gilt: „Es sollte grundsätzlich nicht das Vorschlagsrecht bei der größten Fraktion liegen. Dies schränkt die Möglichkeiten aller Fraktionen – und damit die Demokratie ein.“
Über diese Befragung
Die „Frage der Woche – zur Landtagswahl“ vom 23. bis 24. September 2024 stand unter der Überschrift: „Neuer Landtag, neue Regeln, alte Regierung?“.
Bei MDRfragt können sich alle anmelden und beteiligen, die mindestens 16 Jahre alt sind und in Sachsen oder Thüringen wohnen, denn: Wir wollen die Vielfalt der Argumente kennenlernen und abbilden. Die Kommentare der Befragten erlauben, die Gründe für die jeweiligen Positionen und das Meinungsspektrum sichtbar zu machen. Da sich jede und jeder beteiligen kann, der möchte, sind die Ergebnisse von MDRfragt nicht repräsentativ.
Bei dieser Befragung haben sich 16.937 Menschen aus Sachsen und Thüringen online mit ihrer Meinung eingebracht.
Die Ergebnisse von MDRfragt werden nach wissenschaftlichen Kriterien anhand verschiedener soziodemografischer Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Bildungsgrad gewichtet, um sie an die tatsächliche Verteilung in der mitteldeutschen Bevölkerung anzupassen. Damit wird die Aussagekraft der Ergebnisse erhöht und es ergibt sich ein valides und einordnendes Stimmungsbild aus Mitteldeutschland. MDRfragt wird zudem wissenschaftlich beraten und begleitet, beispielsweise durch regelmäßige Validitätstests.
Mehr zur Methodik von MDRfragt finden Sie am Ende des Artikels.