Sachsen: Minderheitsregierung aus CDU und SPD nimmt langsam Form an – Politik


Die Koalitionsverhandlungen in Sachsen gehen voran. So viel lässt sich schon mal feststellen. Noch in dieser Woche sollen die sieben Arbeitsgruppen von CDU und SPD Ergebnisse vorlegen. Der Vorteil: Man kennt sich gut. Bevor die Gruppen Anfang der Woche erneut zusammentraten, hatten sie bereits mit Verhandlern des BSW gerungen. Die Gespräche um eine Brombeerkoalition scheiterten zwar, aber vergeblich war der Austausch für CDU und SPD offenbar nicht. Sie peilen jetzt eine Minderheitsregierung an. „In manchen Arbeitsgruppen ist die Arbeit schon weit fortgeschritten, in anderen gibt es noch größeren Beratungsbedarf“, stellte SPD-Fraktionschef Dirk Panter schon am vergangenen Freitag fest. Bei den Themen Soziales, Gesundheit und Pflege sei man sich zu 95 Prozent einig.

Einen Erfolg kann die CDU bei der strittigen Frage für sich verbuchen, ob Sachsen eine eigene Grenzpolizei erhält. Sie soll wohl kommen, und zwar mindestens mit 300 Beamten. Das berichtet die Sächsische Zeitung. Einziger Vorbehalt: Die Grenzpolizei muss finanzierbar sein, denn das Vorhaben soll 20 Millionen Euro jährlich kosten. Der Aufbau einer Landes-Grenzpolizei nach bayerischem Vorbild war im Wahlkampf ein zentrales Versprechen von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU).

Die Finanzen und der Doppelhaushalt für 2025 und 2026 sind ein Thema, an dem sich CDU und SPD noch ein wenig reiben dürften. Die sächsische Union gilt als eine der härtesten Verfechterinnen der Schuldenbremse, drängt auf einen rigiden Sparkurs. Bereits im Juni hatte Finanzminister Hartmut Vorjohann aufgrund sinkender Steuereinnahmen eine faktische Haushaltssperre verhängt. SPD-Chef Henning Homann hatte diesen Schritt des CDU-Mannes als „völlig undifferenzierten Rasenmäheransatz“ kritisiert und vor Kürzungen etwa bei der Kinder- und Jugendarbeit gewarnt. Nun konnte die SPD der CDU in den Koalitionsverhandlungen immerhin abringen, dass sich die sächsische Regierung entschieden für die finanzielle Unterstützung von Sozialverbänden und Kultureinrichtungen einsetzen soll.

Der Angriff vom BSW erfolgt prompt

Das BSW befürchtet allerdings, dass dafür gar nicht genug Geld da ist – und nutzt zum Beleg für diese These sein Wissen aus den Sondierungen für die Brombeerkoalition. Darin habe das BSW einen „Kassensturz“ gefordert. Finanzminister Vorjohann habe daraufhin eingeräumt, „dass die Kassen mehr als leer sind“. So heißt es in einer Erklärung des sächsischen BSW vom Donnerstag. Die Lage für Sozial- und Kulturvereine sei „dramatisch“, ihre Finanzierung nicht mehr gesichert. Auch den Kommunen fehle das Geld, weshalb das BSW gleich eine „grundlegende Finanzreform“ forderte.

Sofort schaltete das BSW auf Oppositionspartei um, nachdem es die Sondierungsgespräche vor zwei Wochen hatte platzen lassen. Mit der CDU habe man sich beim Thema der Finanzen nicht einigen können, mit der SPD nicht in der Migrationspolitik und mit beiden nicht bei der „Friedensformel“, dem von BSW-Chefin Sahra Wagenknecht geforderten Friedensbekenntnis, hieß es damals vom BSW. Nur darum sei es dem BSW gegangen, hielten die CDU und SPD entgegen. Der Kampf um die Deutungshoheit dauert bis heute an. Erst am Dienstag sagte BSW-Spitzensondierer Marcel Machill der Freien Presse, seine Partei sei der CDU vor allem bei den Positionen zur inneren Sicherheit und Migration viel näher gewesen als die SPD.

Doch die Minderheitsregierung aus CDU und SPD nimmt langsam Formen an. Stolz präsentierten sie vergangene Woche ihre Idee eines „Konsultationsmechanismus“. Dieser sieht vor, dass die Regierung Vorschläge und Gesetzesentwürfe an alle Fraktionen des Landtags gibt, bevor sich das Parlament damit befasst. Dadurch sollen sie sich in den Gesetzgebungsprozess einbringen können. Sobald der Koalitionsvertrag steht, lässt die SPD ihre Mitglieder darüber abstimmen. Einen genauen Zeitplan dafür gibt es nicht. SPD-Chef Homann hat allerdings schon erklärt, dass die Wahl Kretschmers zum Ministerpräsidenten noch vor Weihnachten stattfinden könnte.

Allerdings kommen CDU und SPD im Dresdner Landtag nur auf 51 Stimmen. Zumindest im ersten Wahlgang benötigte Kretschmer aber die absolute Mehrheit von 61 Stimmen. Er wäre auf Stimmen von Abgeordneten des BSW (15 Abgeordnete), der Grünen (sieben) oder der Linken (sechs) angewiesen. Ob es dazu kommt? Das BSW positioniert sich immer deutlicher gegen Kretschmer, die Grünen warten darauf, dass er nach einem harten Wahlkampf auf sie zukommt. Die sächsische Linken-Chefin verweist gleich auf den zweiten Wahlgang, in dem Kretschmer eine einfache Mehrheit reichen würde. Doch das könnte unwillkommene Konsequenzen haben. Wie unerwünscht, zeigt das Beispiel aus Thüringen 2020. Damals wurde FDP-Chef Thomas Kemmerich mit den Stimmen der AfD Ministerpräsident – im dritten Wahlgang und dann auch nur für die Dauer von 28 Tagen.



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Author: admin

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